Samstag, 1. November 2014

Untersuchung wie im Science-Fiction-Film

Fiction-Film

Kapselendoskopie anstatt Darmspiegelung

Untersuchung wie im Science-Fiction-Film

Dorfen - Einfach nur eine kleine Videokapsel schlucken statt den Unannehmlichkeiten der Darmspiegelung ausgesetzt sein. Seit diesem Monat findet im MVZ Dorfen die Probe aufs Exempel statt – mit dem Ziel, mehr Menschen zur Krebsvorsorge zu bewegen.
Reise in den Körper: Die kleine Koloskopiekapsel, die Praxismanagerin Manuela Sturz in der Hand hält, schluckt der Patient. Die Gastroenterologen Jochen Türk, Christian Zillinger und Ludwig Rudolf (v. l.) werten die Bilder später aus. Foto: Renner
© Renner
Reise in den Körper: Die kleine Koloskopiekapsel, die Praxismanagerin Manuela Sturz in der Hand hält, schluckt der Patient. Die Gastroenterologen Jochen Türk, Christian Zillinger und Ludwig Rudolf (v. l.) werten die Bilder später aus.
 Wenn einen die Diagnose trifft, ist es oft schon zu spät. Darmkrebs ist die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache. Jährlich sterben daran in Deutschland noch rund 29 000 Menschen. Diese Zahl könnte weit niedriger ausfallen, wenn mehr Versicherte zur Vorsorge gingen. Angesichts der allseits bekannten Krebsgefahr erschrecken die Zahlen aus dem Landkreis Erding, der unter dem ohnehin schon niedrigen landesweiten Schnitt liegt. Bei uns gehen nämlich nur 17 Prozent der Frauen und 15 Prozent der Männer zur Vorsorge. Der Grund für die geringe Beteiligung ist oft die Angst vor der Darmspiegelung. Die Untersuchung, bei der Patienten ein 1,50 Meter langer Schlauch eingeführt wird, schreckt viele Menschen nämlich ab.
Eine kleine Kapsel mit zwei integrierten Kameraköpfen klingt da schon wesentlich angenehmer. Als Alternative zur Darmspiegelung (Koloskopie) ermöglicht die AOK im Rahmen eines Modellvorhabens ihren Versicherten eine solche kostenfreie Kapselendoskopie des Dickdarms. Die neue Methode hat das Ziel, wesentlich mehr Menschen zu ermutigen, zur Vorsorge zu gehen. Start für das Probeprojekt war im vergangenen Jahr im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Hochfranken in Hof. Jetzt zieht das MVZ in Dorfen nach. Vorgestellt wurde die sogenannte „PillCam“ in der AOK Direktion Erding.
Die Vorteile der neuen Vorsorgemaßnahme lieferte Sabine Steinlechner, die Bereichsleiterin in der AOK-Zentrale in München ist. Der Patient schluckt eine Videokapsel mit zwei Kameras, die digital Bilder aus dem Dickdarm nach außen auf einen Rekorder überträgt. Die detailreichen Bilder kann der Patient am Bildschirm live mitverfolgen. Der Darm wird hier zu fast 360 Grad visualisiert. Je schneller die Kapsel durch den Darm schwimmt, desto mehr Bilder macht sie – zwischen vier und 35 Stück pro Sekunde. Kleinere Polypen können Steinlechner zufolge leichter erkannt werden. Werden solche Krebsvorstufen entdeckt, könne noch eine Koloskopie am selben Tag angehängt werden, um diese zu entfernen.
„Pro Woche wird in Dorfen im Schnitt ein Kolonkarzinom entdeckt“, berichtete Facharzt Christian Zillinger vom MVZ Dorfen. Die neue Methode sei innovativ und zukunftsweisend. „Zeitlich ist das für uns zwar aufwändiger. Aber das nehmen wir gerne auf uns, wenn man dadurch Krebs verhindern kann.“ Bereits über ein Jahr Praxiserfahrung hat Zillingers Kollege aus Hof, Marwan Khoury: „Wir freuen uns, dass bereits über 200 Versicherte eine Kapselendoskopie zur Darmkrebsfrüherkennung durchführen haben lassen. Viele davon hatten davor die Darmkrebsprävention aufgrund der Angst vor der Koloskopie abgelehnt.“ Teilnehmen können sämtliche AOK-Versicherte zwischen 55 und 75 Jahren. Wenn man mindestens einen Verwandten ersten Grades mit Darmkrebs-Geschichte hat, ist die Kolonkapselendoskopie sogar bereits ab dem 45. Lebensjahr möglich. Sämtliche Kosten (700 Euro für die Kapsel, gut 300 Euro Arzthonorar) trägt die AOK.
Die Vorbereitung auf die Untersuchung läuft ähnlich ab wie bei der Darmspiegelung. Zur Darmreinigung nimmt der Patient also in der Regel einen Tag vorher Trinklösungen für die Darmreinigung zu sich. Es handelt sich bislang jedoch nur um ein Modellvorhaben, das im Erfolgsfall eine flächendeckende Einführung der Kapselendoskopie zur Folge haben könnte. Wissenschaftlich bewertet wird das Projekt durch das Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie der Universität Köln. Befristet ist die Probephase auf den 30. September 2015.
Weitere Informationen
zur Kapselendoskopie gibt es auch im Internet auf der Seite der AOK unter www.darmkapsel.de/aok.
Markus Schwarzkugler

SPECTAcolor - Europäisches Projekt stößt in eine neue Dimension der Krebsforschung vor


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Die Europäische Organisation für die Erforschung und Behandlung von Krebs (European Organisation of Research and Treatment of Cancer – EORTC) hat innerhalb eines Jahres über 400 Patienten für das Screening-Programm SPECTAcolor (Screening Patient for Efficient Clinical Trail Access) gewinnen können. Damit wurden die Erwartungen deutlich übertroffen, die die Koordinatoren Prof. Sabine Tejpar vom Universitair Ziekenhuis Campus Gasthuisberg in Leuven sowie der Onkologe PD Dr. Gunnar Folprecht und die Pathologin PD Dr. Daniela Aust vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden in das Projekt gesetzt hatten...

Störungen im Darm machen krank


Das Darm-Mikrobiom stärkt das Immunsystem und schützt vor Krankheiten. Störungen in diesem komplexen System können fatale Auswirkungen haben: von Allergien über Reizdarm bis hin zu Krebs.


ROCHESTER. Die ersten Bakterien, die sich im sterilen Darm eines Neugeborenen einnisten, stammen bei natürlicher Entbindung aus der Vaginalflora, bei Kaiserschnitt aus dem Hautmikrobiom der Mutter. Nach und nach werden dann weitere Bakterienarten aus der Umwelt aufgenommen und aerobe Spezies zunehmend durch fakultativ aerobe und anaerobe verdrängt. Die höchste Diversität wird in der Adoleszenz erreicht.
Mit dem Alter gehen Vielfalt und Stabilität zurück, und das Mikroökosystem wird anfällig für Störungen wie Infektionen mit Clostridium difficile. Dazwischen wechseln relativ stabile Phasen mit Phasen der abrupten Veränderung.
Zum Beispiel werden durch eine Antibiotikatherapie Dutzende Bakterienarten zum Verschwinden gebracht und durch andere Arten ersetzt. Aber auch eine Ernährungsumstellung kann innerhalb von 24 Stunden die Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms drastisch verändern.

Einfluss auf Immunsystem

Welche Folgen solche Verschiebungen haben können, ist in den letzten Jahren immer deutlicher geworden. Die mikroskopisch kleinen Bewohner des Darms sind nämlich nicht - wie lange geglaubt - nur "Mitesser" (Kommensalen) und Verdauungshelfer. "Sie sind entscheidend für unsere Gesundheit und unser Wohlergehen", betonen Dr. Sahil Khanna und Dr. Pritish K. Tosh von der Mayo-Klinik in Rochester (Mayo Clin Proc 2014; 89(1): 107-114).
Wie man heute weiß, trägt die intestinale Mikrobiota zur Reifung und zum Erhalt des darmassoziierten Immunsystems bei, reguliert die Barrierefunktion des Darmepithels und kann die Freisetzung von antimikrobiellen Wirkstoffen anstoßen. Mikrobiomforscher sprechen schon von einem "Superorgan".
Störungen dieses komplexen Systems werden dementsprechend mit zahlreichen Erkrankungen in Verbindung gebracht, etwa Clostridium-difficile-Infektionen, Reizdarm, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und Allergien, aber auch metabolischen und sogar neuropsychiatrischen Erkrankungen.

Artenvielfalt bei Kranken reduziert

Am besten belegt ist der Zusammenhang mit Clostridium difficile: Der Keim kann sich ausbreiten, wenn konkurrierende Arten des intakten Mikrobioms durch eine Antibiotikabehandlung ausgeschaltet wurden. Das erklärt auch das hohe Rezidivrisiko nach einer Standardtherapie mit Metronidazol oder Vancomycin: Die dadurch zusätzlich geschädigte Darmflora bietet einen idealen Nährboden für die Auskeimung der antibiotikaresistenten C.-difficile-Sporen.
Auch beim Reizdarm gibt es Hinweise, dass Veränderungen der intestinalen Mikrobiota eine Rolle spielen könnten. Im Vergleich zu Gesunden scheint die Artendiversität und der Anteil der Bacteroidetes vermindert zu sein. Möglicherweise variiert die Zusammensetzung der Darmflora auch in Abhängigkeit davon, ob Obstipation oder Diarrhö die Symptomatik dominieren.
Colitis ulcerosa und Morbus Crohn haben zwar eine erbliche Komponente. Die Manifestation der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) hängt aber auch von Umweltfaktoren ab. Ein solcher Umweltfaktor könnte ein verändertes Darm-Mikrobiom sein. CED-Mäuse entwickeln nämlich in einer keimfreien Umgebung keine Kolitis, sie benötigen dafür intestinale Mikroorganismen.
Und bei CED-Patienten weist die Mikrobiota des Darms eine geringere Artenvielfalt und Stabilität auf als bei Gesunden, außerdem ist die Mukosa geschädigt. Es wird daher postuliert, dass bei entsprechender genetischer Disposition eine Dysbalance im Darm-Mikrobiom durch veränderte Wechselwirkungen mit dem Immunsystem des Darms zu einer chronischen Entzündung führen könnte.
"Bislang ist jedoch unklar, ob die beobachteten Veränderungen der Mikrobiota tatsächlich die Ursache oder nur die Folge von Entzündung und Diarrhö sind", schränken Khanna und Tosh ein.

Krebs durch veränderte Darmflora?

Über einen Zusammenhang von intestinaler Mikrobiota mit Darmkrebs und Adenomen wird ebenfalls spekuliert. Hintergrund sind auch hier Verschiebungen in der Mikrobiomzusammensetzung von Darmkrebspatienten. Mechanistisch könnten die Bakterien direkt - über Entzündungsprozesse und Beeinflussung der Zellproliferation oder indirekt - etwa über die Metabolisierung von Chemopräventiva - die maligne Entartung vorantreiben.
Falls eine Mikrobiom-Dysbalance tatsächlich ursächlich an den genannten Erkrankungen beteiligt ist, müsste es umgekehrt möglich sein, durch geeignete Manipulation der Darmmikrobiota den Verlauf der Erkrankungen günstig zu beeinflussen.
Hier richten sich die Hoffnungen besonders auf Probiotika, also lebende Mikroorganismen, die in Form von Milchprodukten, Nahrungsergänzungsmitteln oder Medikamenten zugeführt werden können. Derzeit ist die Datenlage für ihren Einsatz allerdings relativ mager. Ein deutlicher Nutzen ist vor allem bei Pouchitis belegt, eine Indikation besteht außerdem für E. coli Nissle zur Remissionserhaltung bei Colitis ulcerosa und Mesalazin-Unverträglichkeit.
Die mikrobielle Vielfalt wiederherzustellen gelingt eher durch die Übertragung von Spenderfäzes. Der Erfolg bei rezidivierenden Clostridium-difficile-Infektionen ist beeindruckend. Mit der Stuhltransplantation werden Heilungsraten von über 90 Prozent erzielt. Derzeit wird die Mikrobiotatransplantation außerdem in mehreren Studien bei CED untersucht.
Erste positive Fallberichte gibt es mit der Methode unter anderem auch von Reizdarmpatienten sowie Patienten mit Multipler Sklerose und neuropsychiatrischen Erkrankungen. Angesichts solcher "Erfolgsmeldungen", die auch in der Publikumspresse verbreitet werden, warnen Experten jedoch vor unkritischer Euphorie.
"Der derzeitige Hype um das Mikrobiom gefährdet Patienten, die schlecht informierte Entscheidungen treffen, und er gefährdet das wissenschaftliche Projekt", beklagt Professor William P. Hanage von der Medical School of Public Health in Boston (Nature 2014; 512: 247-248). Was die Mikrobiom-Forschung jetzt brauche sei harte Arbeit - und "eine gesunde Portion Skepsis".

Quelle :  http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/magen_darm/article/868877/darmflora-stoerungen-darm-machen-krank.html

Krebs-Aktionstag in Heiligenstädter Stadthalle stößt auf gute Resonanz

Heiligenstadt (Eichsfeld). In Deutschland erkranken jährlich 500.000 Menschen neu an Krebs, teilt die Deutsche Krebshilfe auf ihrer Homepage mit. Anlässlich dieser erschreckend hohen Zahl veranstaltete das Gesundheitsamt des Landkreises Eichsfeld am Mittwoch einen Krebs-Aktionstag im Eichsfeld. 
 Rund 20 Aussteller mit ihren verschiedenen Angeboten hatte einen Platz im Foyer der Stadthalle in Heiligenstadt gefunden. Zu den verschiedenen Informationsständen wurden drei Referate vorgetragen. Die Eröffnung übernahm die Amtsleiterin des Gesundheitsamtes des Landkreises Eichsfeld Judith Rahrig.
Im Fokus des ersten Vortrages stand die richtige Ernährung und viel Bewegung - "Aktiv gegen Krebs mit richtiger Ernährung und Bewegung", durch die Heilpraktikerin Aline Merker aus Heiligenstadt. Direkt im Anschluss referierte die onkologisch verantwortliche Ärztin vom Südharz Klinikum Nordhaus Dr. Andrea Gräfe über die Brustkrebserkrankung. Dabei gab sie einen Überblick über die potenziellen Therapiemöglichkeit für die Betroffenen. Der Ärztliche Direktor und Chefarzt der Allgemein- und Visceralchirurgie des Eichsfeld Klinikums Dr. med. Uwe Schotte äußerte sich in seinem Vortrag zur interdisziplinären Therapie bei Darmkrebs.
Die Aussteller, die sich im Foyer der Stadthalle einfanden, waren aus den unterschiedlichsten Bereichen vertreten - angefangen von Versicherungen über Apotheken und Sanitätshäuser bis hin zur Bücherei. Die IKK Classic bot im Wohnwagen eine Blutzucker- und Körperfettmessung an. Die Werte wurden direkt vor Ort ausgewertet und bei auffälligen Zahlen konnte ein Gespräch über mögliche Ursachen direkt statt finden.

Informationen verständlich vermitteln

Zudem stellten sie ihre Leistungen vor, welche sie für Krebspatienten anbieten. So unterstützen sie beispielsweise einen Hautkrebstest bereits für unter 35-Jährige finanziell. Denn ab 35 Jahren zahlen die Krankenkassen einen solchen Test. Die Verbraucherzentrale bot keine direkten Leistungen an. Sie wollten lediglich über Lebensmittel und Ernährung aufklären. Dabei spezialisierten sie sich, entsprechend dem Anlass, auf Nahrungsergänzungsmittel. Sie wollten mit ihrer Aufklärung mögliche Täuschungen der Betroffenen vermeiden. Ihr Ziel ist es in erster Linie, die wissenschaftlichen Informationen so aufzubereiten, dass sie für jeden Verbraucher verständlich sind. Die Eichsfelder Buchhandlung aus Heiligenstadt präsentierte ein umfassendes Angebot an Büchern. Angefangen von Tipps zur richtigen Ernährung über Erfahrungsberichte von Krebspatienten und Sport bis hin zu "Gute-Gedanken-Büchern", die Mut und Hoffnung schenken sollen. Ein wichtiger Stand war das Mammographie-Screening aus Thüringen Nord West. Dort bot man Frauen im Alter von 50 bis 69 Jahren eine kostenfreie Mammographie an. Die Schwanen-Apotheke wartete mit Nahrungsergänzungsmitteln sowie einer besonderen Aromatherapie auf. Der Krebs-Aktionstag wurde dankend angenommen.

Quelle:  http://www.otz.de/startseite/detail/-/specific/Krebs-Aktionstag-in-Heiligenstaedter-Stadthalle-stoesst-auf-gute-Resonanz-29579528

Zahlen gegen Krebs

Berlin und Brandenburg starten neues Register. 

Es soll helfen, Patienten besser zu versorgen


Berlin/Potsdam – Nicht nur Mario Czaja ist am Mittwoch zufrieden gewesen. Vor allem den Vertretern der Krankenkassen war der Stolz anzusehen, als der Berliner Gesundheitssenator in der Nähe des Charité-Bettenturms das fast fertig geplante Krebsregister vorstellte. Nun muss nur noch ein entsprechender Staatsvertrag zwischen Berlin und Brandenburg her, dann könnte es losgehen – mit dem was einige Ärzte einen „großen Wurf“ nannten, schließlich ist Krebs die zweithäufigste Todesursache in Deutschland.
Der Reihe nach: Es soll ein klinisches Register werden, was bedeutet, dass nicht nur Daten zu Tumorfällen pro Kiez und Altersgruppe erhoben werden, wie für Register, die es bereits gibt. Nun hingegen werden alle relevanten Daten betroffener Patienten erfasst: von der Diagnose über jeden Therapieschritt und jedes Medikament bis zur Reha-Kur. Zunächst der Hausarzt, später ein Onkologe und schließlich womöglich der Chirurg einer anderen Klinik könnten also immer auf die ganze Krankengeschichte zurückgreifen. Unter anderem sollen so Doppelbehandlungen vermieden werden.
Weil künftig 50 Prozent der Brandenburger im Speckgürtel der Hauptstadt wohnen und sich wohl in Berlin behandeln lassen werden, ist ein gemeinsames Register sinnvoll. CDU-Politiker Czaja hat dafür lange mit Kassen, Ärzten und Kliniken verhandelt – schließlich tangiert das Register den Datenschutz. Ärzte geben zudem ungern Patienten an andere Mediziner ab. Doch der Nationale Krebsplan des Bundes verpflichtet die Länder dazu, solche Register einzurichten.
Patienten hätten ein Widerspruchsrecht, sagte Czaja, was in Brandenburg, wo es ein ähnliches Register schon gibt, jedoch kaum jemand nutzt. Niemand, außer behandelnden Ärzten, bekäme die Klarnamen der Patienten. Deren – anonymisierter – Werdegang soll aber allen Medizinern helfen, besser zu werden.
Ein Modellbeispiel: 100 ähnlich alte Männer leiden unter der gleichen Tumorart. Eine Hälfte wird in Klinik A operiert, die andere in Klinik B. Dank des Registers könnte sich in zehn Jahren herausstellen: 80 Prozent der Patienten aus Klinik A erleiden einen Rückfall, aber nur 20 Prozent aus Klinik B.
Um effektiv Strategien zu ändern, werden also viele Daten benötigt, Czaja spricht von einer „hohen Meldequote“, die am besten bei fast 100 Prozent liegen sollte. Bislang melden Ärzte in Berlin 84 Prozent der Krebsfälle, in Brandenburg sind es wohl fast 99 Prozent.
Die Mediziner sollen pro Fall, der Datentransfers beinhaltet, Pauschalen bekommen, ob 10, 20 oder 50 Euro wird noch verhandelt. Um das Register am Laufen zu halten, zahlen die Kassen 120 Euro pro registrierten Patienten, dazu kommen Landesmittel und 550000 Euro der Deutschen Krebshilfe.
Gibt es keine Kritiker? Doch, auch wenn sogar sie begrüßen, dass der Senator das Register an den Start gebracht hat. „Aber noch ist nicht klar, ob all die Akteure bereitwillig ihre Daten hergeben“, sagt Heiko Thomas, Gesundheitsexperte der Berliner Grünen. Er verweist darauf, wer das Register verwalten wird, nämlich die Ärztekammer Brandenburg. Sie soll dafür eine eigene Gesellschaft gründen. Das hat auch damit zu tun, dass die Berliner Kassen, Praxisärzte und Klinikmanager die Brandenburger Kammer als neutral akzeptieren – was viel über das Streitpotenzial im Berliner Gesundheitswesen aussagt.
Die Zahl der Tumorerkrankungen steigt, weil das Durchschnittsalter der Bevölkerung zunimmt. Rechnet man den Altersfaktor heraus, sind die Zahlen der Neuerkrankungen weitgehend stabil. Die häufigsten Krebsfälle bei Männern sind Prostatakrebs, Lungen- und Darmkrebs. Bei Frauen sind es Brustkrebs, ebenfalls gefolgt von Lungen- und Darmkrebs.
Zahlreiche Informationen zu Krebstherapien, Kliniken und Praxen finden Sie im Tagesspiegel-Portal, darunter auch zu Brandenburger Einrichtungen: www.gesundheitsberater-berlin.de

Quelle:  http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/906128/

Interview : Wie der Darm auf Stress reagiert


Warum der Verdauungstrakt oft Sorgen macht und wie man sich vor Krebs schützt. Ein Interview mit Prof. Dr. Helmut Messmann, Internist am Klinikum Augsburg.

Nur wenige sprechen offen darüber. Und doch leidet mehr als jeder zehnte Deutsche an Magen-Darm-Problemen. Herr Professor Messmann, warum macht uns die Verdauung so häufig Schwierigkeiten?
Wir haben in der westlichen Zivilisation ein Krankheitsbild, das in den Entwicklungsländern so überhaupt nicht vorkommt. Das ist das sogenannte Reizdarmsyndrom mit Einhergehen von verschiedenen Nahrungsmittelunverträglichkeiten. So etwas werden sie in Afrika nicht finden, das ist zum Großteil ernährungs- und umweltbedingt und hängt von Stressfaktoren ab. Der Darm ist ein sehr sensibles Organ mit vielen Nervenzellen. Und Stress führt dazu, dass Hormone ausgeschüttet werden und das vegetative Nervensystem reagiert. Und dann reagiert auch der Darm.
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Das ist ja auch auffällig, dass viele Verdauungsprobleme in Kombination mit psychischen Verstimmungen auftreten.
Ja, dafür gibt es zwei Erklärungen. Zum einen ist es natürlich anstrengend, wenn der Darm organisch erkrankt ist und jemand deshalb ständig zur Toilette laufen muss. Dass dieser Patient dadurch psychisch verstimmt ist, leuchtet ein. Gerade bei Reizdarmpatienten weiß man aber, dass sie oft unter depressiven Phasen leiden. Und das hat dann auch Folgen für das vegetative Nervensystem. Diesen Patienten kann man auch nicht vorwerfen, dass sie sich falsch ernähren – weil viele von ihnen bestimmte Nahrungsmittel schon meiden und sich ganz bewusst ernähren.
Angeblich soll ja Joghurt gut für die Darmflora sein. Gibt es denn in dieser Hinsicht „richtige“ und „falsche“ Ernährungsmittel?
Nein. Jeder kann essen, was er am besten verträgt. Und wenn Sie etwas nicht vertragen, finden Sie das schon selbst raus, das geht ganz automatisch. Dann lassen Sie dieses Nahrungsmittel am besten einfach weg.
Seit gestern tagen die bayerischen Gastro-Enterologen in Augsburg. Worum geht es bei dem Kongress denn im Detail?
Unser großes Thema ist der Darmkrebs. Zum einen geht es um die Vorsorge, zum anderen um neue Therapiemöglichkeiten.
Wie kann man sich vor Darmkrebs schützen?
Wichtig sind zunächst die Vorsorgeuntersuchungen. Ab dem Alter von 55 Jahren zahlen die gesetzlichen Krankenkassen die Darmkrebsvorsorge. Diese Krankheit ist in Deutschland nach wie vor ein großes Problem, jedes Jahr erkranken 70000 Menschen daran, 30000 davon sterben. Aber diese Zahlen zeigen auch: Darmkrebs ist heilbar. Und die Vorsorge rettet tausenden Patienten das Leben. Da reicht eine Darmspiegelung alle zehn Jahre, wenn es in der Familie keine Vorbelastung gibt. Man muss sich das so vorstellen: Bei jeder hundertsten Darmspiegelung wird ein Fall von Darmkrebs festgestellt. Und je eher man das feststellt, desto besser kann man helfen. Zudem sollte jeder darauf achten, sein mögliches Übergewicht zu reduzieren. Bestimmte Tumoren, und dazu gehört auch der Darmkrebs, wachsen bevorzugt bei Menschen, die zu viel Gewicht auf die Waage bringen.
Welche neuen Entwicklungen gibt es in der Therapie?
In immer mehr Fällen kann die Chemotherapie individuell angepasst werden. Es gibt neue Test-Methoden, durch die man feststellen kann, welcher Darmkrebs auf welche Therapie anspricht. Und das verhindert unnötige Behandlungen und macht es möglich, zielgerichtet zu helfen. Interview: Karin Seibold

Quelle  http://www.augsburger-allgemeine.de/wissenschaft/Wie-der-Darm-auf-Stress-reagiert-id31780822.html