Krebs bei Kindern ist heute meist
dauerhaft heilbar. Doch 20 Prozent der krebskranken Kinder erleiden nach
zunächst erfolgreicher Behandlung einen Rückfall, an dem sie
schließlich versterben. Mit dem INFORM-Projekt* wollen Wissenschaftler
aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum und dem Deutschen Konsortium
für Translationale Krebsforschung diesen Kindern eine zweite Chance
eröffnen: Die Grundlage dafür ist die Analyse des gesamten Tumor-Erbguts
zum Zeitpunkt des Rückfalls. Damit können die Forscher herausfinden,
welche Faktoren den Krebs zum Wachsen anregen und dem einzelnen Kind
möglicherweise mit einem der neuen, zielgerichteten Medikamente helfen.
Das Ziel ist es, deutschlandweit bei allen Kindern mit Krebsrückfällen
nach Erbgutveränderungen zu suchen und herauszufinden, ob es Medikamente
gibt, die zu genau diesem Tumor passen. Die Deutsche Krebshilfe und die
Deutsche Kinderkrebsstiftung unterstützen nun eine Machbarkeitsstudie
über zwei Jahre mit rund 1,1 Millionen Euro.
Das drängendste Problem in der
Krebsmedizin bei Kindern sind heute Rückfälle nach einer intensiven
Stahlen- und Chemotherapie. “Das betrifft in Deutschland jedes Jahr etwa
500 krebskranke Kinder. Zum Zeitpunkt des Rückfalls sind die wirksamen
Behandlungen bereits weitgehend ausgereizt, die Medikamente versagen
häufig, wenn der Krebs zurückkehrt”, erklärt Prof. Otmar Wiestler,
Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ).
“Deshalb ist es uns so wichtig, für diese Kinder neue
Behandlungsmöglichkeiten zu finden.”
Mit einer Untersuchung des gesamten
Tumorerbguts zum Zeitpunkt des Rückfalls können Wissenschaftler heute
herausfinden, welche Faktoren den individuellen Tumor zum Wachsen
anregen. In vielen Fällen lassen sich diese wachstumsfördernden Faktoren
durch ein passendes Medikament blockieren.
“Bei rund einem Viertel der krebskranken
Kinder kehrt der Krebs nach einer Behandlung zurück, die meisten von
ihnen haben dann keine dauerhafte Heilungschance mehr. Eine
Erbgut-Analyse könnte nach unserer bisherigen Erfahrung für etwa die
Hälfte von ihnen eine zweite Chance bedeuten. Unser Ziel ist es,
deutschlandweit bei allen Kindern mit Krebsrückfällen nach einem
Medikament zu suchen, das genau zu ihrem Tumor passt”, sagt Prof. Stefan
Pfister vom Deutschen Krebsforschungszentrum, der federführende
Koordinator des Forschungsverbunds INFORM.
Im Gegensatz zur Chemo- und
Strahlentherapie schädigen die neuen, “intelligenten” Medikamente nicht
alle sich schnell teilenden Zellen, sondern richten sich gegen
spezifische krebstypische Zellveränderungen. Welche der vielen möglichen
krebstypischen Veränderungen einen individuellen Tumor kennzeichnen,
kann man ohne Erbgut-Analyse nicht erkennen.
Die INFORM-Forscher wollen in einer
Machbarkeitsstudie durch umfangreiche Genomanalysen am DKFZ zunächst
klären, welche Informationen aus dem Tumorerbgut dazu beitragen können,
den Kindern eine bessere Behandlung anzubieten. Dabei konzentrieren sie
sich auf die zwölf Krebsarten, bei denen Kinder am häufigsten Rückfälle
erleiden. Die Wissenschaftler dokumentieren vor allem, welche und wie
viele Mutationen, für die es “intelligente” Medikamente gibt, in den
verschiedenen Krebsarten auftreten. Werden bei einem Patienten
Veränderungen in den Tumorzellen entdeckt, gegen die bereits Wirkstoffe
zur Verfügung stehen, so kann der behandelnde Arzt diese Information
nutzen und individuell mit dem Patienten entscheiden, ob dieses
Medikament eingesetzt werden kann.
Gibt es noch keine spezifischen
Medikamente gegen eine krebstreibende Zellveränderung, so können
Wissenschaftler die Information nutzen, um neue Wirkstoffe zu
entwickeln.
Nach Abschluss der Machbarkeitsstudie
wollen die Kinderonkologen in einer klinischen Studie nach dem
Arzneimittelgesetz prüfen, ob die individualisierte Therapie auf der
Basis der Erbgut-Information bessere Heilungserfolge erzielt als die
herkömmliche Rückfalltherapie.
Weder die Untersuchung des Tumorerbguts
noch die teuren zielgerichteten Medikamente werden derzeit von den
Krankenkassen bezahlt. Die Förderung durch das Deutsche Konsortium für
Translationale Krebsforschung (DKTK) (2,5 Millionen Euro), die Deutsche
Krebshilfe und die Deutsche Kinderkrebsstiftung deckt einen Teil der
Kosten für die Erbgutanalyse, Datenauswertung und Dokumentation. “Für
die Deutsche Krebshilfe ist innovative Krebsforschung ein Kernanliegen.
Nur über die Forschung können wir die Therapie und Versorgung
krebskranker Menschen verbessern. Daher fördert die Deutsche Krebshilfe
das hochinnovative INFORM-Projekt”, so Gerd Nettekoven,
Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe. “Wir wollen, dass alle
krebskranken Kinder eine Chance haben zu überleben – durch gezielte
Therapien, mit so wenigen Spätfolgen wie möglich. Deshalb ist
Forschungsförderung wichtig. Und deshalb ist das Verbundprojekt INFORM
mit der gemeinschaftlichen Förderung durch DKTK und DKFZ, die Deutsche
Krebshilfe und die Deutsche Kinderkrebsstiftung wegweisend für die
Kinderkrebsheilkunde”, sagt Ulrich Ropertz, Vorsitzender der Deutschen
Kinderkrebsstiftung.
Auch die BILD-Hilfsorganisation “Ein
Herz für Kinder” unterstützt INFORM. Spenden an diese Charity helfen
dabei, den anderen großen Posten zu bewältigen – die Kosten für die
neuen Medikamente, die in der Regel nicht von Kassen übernommen werden,
weil noch keine ausreichenden Studiendaten vorliegen. In der großen Gala
“Ein Herz für Kinder” (Samstag, 6. Dezember, 20:15 Uhr im ZDF) wird
eine kleine Patientin vorgestellt, für die die Analyse des Tumorerbguts
eine zweite Chance bedeutet.
*INFORM steht für “Individualisierte Therapie für Rückfälle von
bösartigen Tumoren bei Kindern”. Die wissenschaftlichen Koordinatoren
sind:- Prof. Stefan Pfister (federführender Koordinator, DKFZ),
- Prof. Angelika Eggert (Vorsitzende der Fachgesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie, Charité Berlin)
- Prof. Peter Lichter (Leiter des INFORM-Bereichs Molekulare Diagnostik, DKFZ)
- Prof. Olaf Witt (Leiter der INFORM-Registerstudie, DKFZ und Universitätsklinikum Heidelberg)
Das Deutsche Krebsforschungszentrum
(DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die
größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs
entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien,
die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue
Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten
erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene,
Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf.
Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das
Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet,
in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik
übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale
Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für
Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben
universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter
Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines
Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von
Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land
Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der
Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.
Ansprechpartner für die Presse:Dr. Stefanie Seltmann
Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
T: +49 6221 42-2854
F: +49 6221 42-2968
E-Mail: S.Seltmann@dkfz.de
Dr. Sibylle Kohlstädt
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
T: +49 6221 42 2843
F: +49 6221 42 2968
E-Mail: S.Kohlstaedt@dkfz.de
E-Mail: presse@dkfz.de
Pressemitteilung
Deutsches Krebsforschungszentrum, Dr. Stefanie Seltmann
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